Steuern in Brasilien

Das brasilianische Steuerrecht ist ähnlich komplex wie das Deutsche. Eine Besonderheit besteht darin, dass zahlreiche Steuern als Quellensteuern ausgestaltet sind. Daneben existieren verschiedene gewinnunabhängige Steuern. Bei Nichteinhaltung von Zahlungs- und Erklärungsterminen fallen in aller Regel hohe Zinsen und Verspätungszuschläge an.

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Die wichtigsten Steuern/Abgaben in Brasilien

  • Imposto de Renda da Pessoa Física (IRPF) – Einkommensteuer
  • Contribuição Social sobre o Lucro Líquido (CSLL) – Gewinnsozialabgabe
  • Contribuição para Financiamento da Seguridade Social (CONFIS) – Sozialfinanzierungsabgabe
  • Programa de Integração Social (PIS) – Sozialintegrationsabgabe
  • Imposto sobre Operações Financeiras (IOF) – Kapitalverkehrsteuer
  • Imposto sobre Produtos Industrializados (IPI) – Umsatzsteuer auf die Wertschöpfung bei Be- und Weiterverarbeitung von Produkten
  • Imposto de Importação (II) – Zölle
  • Contribuição de Intervenção no Domínio Econômico – Combustíveis (CIDE – Combustíveis) – wirtschaftliche Interventions-Sonderabgabe auf Kraftstoffe
  • Contribuição de Intervenção no Domínio Econômico – Royalties (CIDE – Royalties) – wirtschaftliche Interventions-Sonderabgabe auf die Auslandszahlung von Technologietransfers, technischen Dienstleistungen, Patent- und Markenlizenzen
  • Imposto sobre a propriedade territorial rural (ITR) – Grundsteuer (ländliche Grundstücke)
  • Contribuição patronal para o INSS – Sozialversicherungsbeitrag (Unternehmensebene)
  • Imposto sobre Circulação de Mercadorias e Serviços (ICMS) – Umsatzsteuer auf Warenumlauf, Transport- und Kommunikationsdienstleistungen
  • Imposto sobre Transmissão Causa Mortis e por Doação de Quaisquer Bens e Direitos (ITD) – Schenkung- und Erbschaftsteuer
  • Imposto sobre a Propriedade de Veículos Automotores (IPVA) – Kraftfahrzeugsteuer
  • Imposto sobre Serviços (ISS) – Dienstleistungssteuer
  • Imposto Predial e Territorial Urbano (IPTU) – Grundsteuer (städtische Grundstücke)
  • Imposto sobre a transmissão de bens imóveis (ITBI) – Grunderwerbsteuer
  • Imposto de Renda Retido na Fonte sobre remessas ao exterior (Quellensteuer auf / Auslandszahlungen Auslandsüberweisungen): 15% oder 25%
  • CIDE-Royalties (Siehe oben): 10%
  • PIS-Import (Siehe oben – Import von Produkten und Dienstleistungen): 1,65%
  • COFINS-Import (Siehe oben – Import von Produkten und Dienstleistungen): 7,6%
  • ISS-Import (Siehe oben – Import von Dienstleistungen): i.d.R. 5%

Doppelbesteuerungsabkommen unwirksam

Es ist zu beachten, dass das Deutsch-Brasilianische Doppelbesteuerungsabkommen seit 01.01.2006 außer Kraft getreten ist, so dass in Brasilien gezahlte Steuern nicht in jedem Fall in voller Höhe im Rahmen der Besteuerung in Deutschland berücksichtigt werden können.

Analyse und Planung der Steuern in Brasilien ist unverzichtbar

In Anbetracht der zum Teil recht unübersichtlichen steuerlichen Situation in Brasilien ist vor Aufnahme der Geschäftstätigkeit eine eingehende Analyse und steuerliche Planung unentbehrlich – insbesondere auch im Hinblick auf die komplexe Umsatzsteuererhebung in Brasilien.

Die Umsatzsteuer in Brasilien

Brasilien hat eines der komplexesten Steuersysteme der Welt. Es existieren mehr als achtzig unterschiedliche Abgaben in Form von Steuern, Sonderabgaben, Beiträgen, Gebühren u. ä. Die Komplexität des brasilianischen Steuersystems zeigt sich aber nicht nur in der Anzahl der verschiedenen Steuern und Abgaben.

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Ihre Ursache liegt viel mehr gleichermaßen in der weitgefächerten steuerlichen Gesetzgebung und der Steuerverwaltung. Ähnlich wie in Deutschland werden auf drei Ebenen Steuern erhoben, nämlich Bundes-, Landes- und Gemeindeebene. In Brasilien ist die (Steuer-) Gesetzgebungskompetenz jedoch wesentlich weitreichender zwischen den einzelnen Ebenen verteilt. Dies äußert sich beispielsweise darin, dass 27 verschiedene Landesumsatzsteuergesetze und mehr als 5.000 verschiedene Gemeindesteuergesetze für die Dienstleistungsumsatzsteuer existieren. Des Bund ist zwar zuständig für die jeweiligen Rahmengesetze; viele Details und vor allem auch die konkrete Ausübung ist demgegenüber auf Landes- und Gemeindeebene geregelt.

Abgabe der Steuern in Brasilien verursacht hohe Aufwände

Bei diesen Rahmenbedingungen verwundert es nicht, dass Brasilien in der Studie „Paying Taxes“ den letzten Platz belegt. Die Studie wird von PricewaterhouseCooopers gemeinsam mit der Weltbank und der International Finance Corporation herausgegeben.

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Sie bewertet vereinfacht ausgedrückt die Effizienz der jeweiligen Steuersysteme. Deutschland liegt auf Platz 84 (von 183). Hier sind durchschnittlich 215 Stunden pro Jahr erforderlich, um seinen steuerlichen Verpflichtungen nachzukommen. Demgegenüber sind es in Brasilien sage und schreibe 2.600 Stunden.

Überblick über Umsatzsteuersystem

Anders als in Deutschland enthält die brasilianische Verfassung (Constituição Federal de 1988) weitreichende Regelungen zum Steuerrecht. In den Artikeln 145 bis 162 ist ausführlich geregelt, wem die Gesetzgebungskompetenz für welche Steuern zusteht und wem die Steuerhoheit obliegt.

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Darüber hinaus werden wesentliche Grundprinzipien des brasilianischen Steuersystems festgeschrieben. Hinsichtlich einzelner Steuern, wie etwa der ICMS (Umsatzsteuer/Land), gehen die Vorschriften schon so sehr ins Detail, dass eine große Zahl von Rechtsstreitigkeiten zu steuerlichen Fragen beim brasilianischen Verfassungsgericht (Supremo Tribunal Federal) entschieden wird, das somit die Entwicklung des brasilianischen Steuerrechts maßgeblich prägt. Jeder, der sich in Brasilien mit dem Steuerrecht auseinandersetzt, ist deshalb in noch größerem Maße als in Deutschland gezwungen, sich mit der Rechtsprechung insbesondere des Verfassungsgerichtes auseinanderzusetzen.

Keine einheitliche Umsatzsteuer in Brasilien

Das brasilianische Umsatzsteuerrecht ist auf drei Ebenen geregelt: der Bundesebene, der Landesebene und der Gemeindeebene. Es gibt in Brasilien damit keine einheitliche Umsatzsteuer. Die wesentlichen Umsatzsteuern sind Folgende:

IPI

IPI (Imposto sobre Produtos Industrializados) ist eine Umsatzsteuer auf Bundesebene, bei der es sich um eine Steuer auf die Wertschöpfung bei der Be- und Weiterverarbeitung von Produkten handelt. Es werden von dieser Steuer also nur bestimmte Tatbestände im Rahmen der Wertschöpfung erfasst. Wichtig ist allerdings, dass im Rahmen von Importen immer IPI anfällt.

ICMS

ICMS (Imposto sobre Operações relativas à Circulação de Mercadorias e Prestação de Serviços de Transporte Interestadual e Intermunicipal e de Comunicação). Sie ist eine Landesumsatzsteuer und eine der kompliziertesten Steuern in Brasilien überhaupt. Der Besteuerung unterliegen der Warenverkehr und Dienstleistungen in den Bereichen Transport und Kommunikation. Zur ICMS existiert ein Rahmengesetz des Bundes. Die 27 Bundesländer und der Bundesdistrikt haben darüber hinaus ihre eigenen (Ausführungs-)Gesetze erlassen, die nicht nur die Steuersätze, sondern auch Steuervergünstigungen und Nebenleistungen landespezifisch regeln. Auch der Handel zwischen den einzelnen Bundesländern unterliegt besonderen Regeln, die zusätzlich zu beachten sind. Bei Import fällt ebenfalls ICMS an.

ISS

Die ISS (Imposto sobre Serviços de Qualquer Natureza) handelt sich um eine Steuer auf Gemeindeebene, die auf Dienstleistungen anfällt. Die ISS ist eine Allphasen-Steuer; anders als IPI und ICMS ist sie jedoch keine Mehrwertsteuer. Auch bei Import von Dienstleistungen ist die ISS fällig.

PIS/COFINS

Eine Behandlung des brasilianischen Umsatzsteuersystems wäre unvollständig ohne die beiden Abgaben PIS und COFINS (Programa de Integração Social / Contribuição para o Financiamento da Seguridade Social). Es handelt sich hier nicht um klassische Umsatzsteuer sondern um Abgaben, die wie Umsatzsteuer funktionieren; das eine System als Mehrwertsystem und das andere als Allphasenbruttobesteuerung. Diese unterschiedliche Systematik ist 2004 eingeführt worden. Früher wurden die beiden Abgaben als Allphasenabgaben angewandt. Bis heute gibt es zahlreichen Probleme bei der Auslegung und Anwendung der zu Grunde liegenden Gesetze. Von Bedeutung ist hier, dass PIS und COFINS bei sämtlichen Importvorgängen anfallen.

Überblick über das Umsatzsteuersystem

AbgabeKompetenzBemessungsgrundlageSteuersatzImportExport
IPIBundWert der industrialisierten Produkte0 % bis 360 % (effektiv)JaNein
ICMSLandWert der umlaufenden Produkte / bestimmter Dienstleistungeni. d. R. 18 % bis 25 %JaNein
ISSGemeindeWert der Dienstleistung2 % bis 5 %JaNein
PIS/COFINSBundErlös1,65 % + 7,6 % = 9,25 % (Mehrwertsystem) oder 0,65 % + 3 % = 3,65 % (all-phase-system)JaNein

Bundesländer konkurrieren um Umsatzsteuer

Charakteristisch für das brasilianische Umsatzsteuersystem ist zudem der Umsatzsteuerwettbewerb zwischen den Bundesländern, die versuchen, durch verschiedenste ICMS-Vergünstigungen Unternehmen zu Ansiedlung im jeweiligen Bundesland zu veranlassen.

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Zur Vermeidung dieses Wettbewerbes wurde der nationale Rat für Finanzpolitik (CONFAZ– Conselho Nacional de Política Fazendária) gegründet. Grundsätzlich müssen sämtliche umsatzsteuerlichen Vergünstigungen durch diesen Rat genehmigt werden. Allerdings halten sich nicht alle Bundesländer daran, sodass zahlreiche Rechtsstreitigkeiten über die Zulässigkeit vergünstigender Regelungen anhängig sind. Diese Auseinandersetzungen gehen soweit, dass in Brasilien sogar von einem „Steuerkrieg“ („Guerra fiscal“) zwischen den Bundesländern die Rede ist.

Steuervergünstigungen können nachträglich als unwirksam erklärt werden

Für den Steuerpflichtigen führt dies zu einer erheblichen Unsicherheit, weil in Anspruch genommene Steuervergünstigungen nachträglich gerichtlich als unwirksam erklärt werden können und so nachträglich nicht mehr in Anspruch genommen werden können.

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Während in Deutschland über die Umsatzsteuerregistrierung zur Erfassung grenzüberschreitender Sachverhalte geredet wird, gib es in Brasilien nur eine allgemeine steuerliche Registrierung auf der jeweiligen Ebene, also Bund-, Land- und Gemeinde.

Mehrfachbesteuerung erfordert Auseinandersetzung mit dem Thema

Jeder deutsche Unternehmer, der in Brasilien investieren oder Waren nach Brasilien exportieren möchte, muss sich im Vorfeld eingehend mit dem brasilianischen Umsatzsteuersystem auseinandersetzen. Bei jedem Import fällt Umsatzsteuer an.

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Aufgrund der Besteuerung auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene ist eine Mehrfachbesteuerung die Regel. Teilweise beeinflusst die Besteuerung auf einer Ebene die Bemessungsgrundlage der anderen Ebenen. Bevor also abschließend festgestellt werden kann, zu welchen Kosten ein importiertes Produkt auf dem brasilianischen Markt angeboten werden kann, sind häufig komplexe Rechenvorgänge bezogen auf die Umsatzsteuer durchzuführen.

Umfassende Beratung zum Steuerrecht in Brasilien

Wir bieten Ihnen umfassende Beratung in allen Fragen des brasilianischen Steuerrechtes an. Ein Schwerpunkt unserer Tätigkeit liegt dabei in den steuerlichen Besonderheiten, die sich aus dem Geschäftsverkehr zwischen Deutschland und Brasilien ergeben, also insbesondere Fragen zur Doppelbesteuerung, Gesellschafterfremdfinanzierung, Lizenzgebühren und Transferpreisen.

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